Dann habt ihr so was wie das filmische Erbe des pornografischen Underground – sexpositiv, feministisch, Trans, Inter in euren Schränken?
Ja – und auch experimentell Hetero, konventionell und unabhängig. Alles da, alles gesammelt. Es sind explizite Filme aus aller Welt. Die Bandbreite reicht von Arthouse-Filmen aller Längen und Genres, die auch auf den großen Festivals in Berlin, Cannes, Venedig, Toronto präsentiert wurden, bis zu kurzen expliziten Experimentalfilmen. Ein großer Teil des Archivs besteht aus Sammlungen des Pornfilmfestivals Berlin, das sich in den letzten 13 Jahren als bedeutendes Event und Zentrum der kulturellen Debatten um die Darstellung der Sexualität im Film etabliert hat. Filmemacher*innen aus aller Welt präsentieren und diskutieren dort ihre Filme. Das PFFB war viele Jahre lang der einzige Ort weltweit, an dem es möglich war, in einem offenen und kollegialen Umfeld über pornografische Experimente, Genderfragen und auch politische Aspekte zu diskutieren. Die Diskurse des Festivals haben eine internationale Kultur geprägt. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von „Schwesterfestivals“ auf der Welt.
“Mit großer Besorgnis sehen wir die zunehmenden Beschränkungen der legalen Veröffentlichung expliziter Filme.”
Warum ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt von großer sozialer und politischer Relevanz, das vorhandene Filmangebot durch explizite Filme zu ergänzen und zu vervollständigen?
Mit großer Besorgnis sehen wir die zunehmenden Beschränkungen der legalen Veröffentlichung expliziter Filme. Gleichzeitig gibt es ein Überangebot illegaler Raubkopien expliziten Inhalts, die ungehindert im Internet zur Verfügung stehen. Es ist schwer zu vermitteln, dass einerseits „alles“ jederzeit im Netz zu sehen ist – nämlich von neoliberalen Pornokartellen raubkopierte Hardcore Filme, die über regionalen Gesetzen stehen – und gleichzeitig werden im Netz unsere Filme oder ganze Webseiten willkürlich gelöscht. Darüber gibt es kaum eine Debatte und viel zu wenige Informationen. Das möchten wir ändern.
Habt ihr konkrete Pläne?
Derzeit suchen wir nach Möglichkeiten und Bündnispartner*innen, um unsere Sammlungen zu erschließen und öffentlich zugänglich machen. Wir möchten zur Forschung und Diskussion einladen. Wir wünschen uns ein lebendiges Pornolabor – ein Forschungszentrum, in dem alle Sexualitäten im Film in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit Raum haben. Das vorhandene Filmangebot sowohl auf dem Kinomarkt als auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ignoriert weitgehend die künstlerische Interpretation des sexuellen Dialoges in ganzer Breite. Gelebte und praktizierte Sexualität als Sprache, die gelernt wird, die Verhandlung braucht, die Interpretationen zulässt, wird immer noch ausgeklammert. Wir wissen, dass sexuelle Kommunikation unterschiedliche Sprachen kennt und Übersetzungen braucht. Unser Medium ist der Film und Berlin Collection besitzt einen einmaligen Fundus, der zur Horizonterweiterung dienen soll und den wir dringend in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen sichtbar und zugänglich machen wollen. Die VOD-Plattform Erotic Lounge nutzen wir schon und werden sie kontinuierlich weiter bespielen. Im Herbst 2018 bringen wir den wunderbar sinnlichen argentinischen Film „Die feurigen Schwestern“ (Las Hijas del Fuego) von Albertina Carri ins Kino…
Im Herbst 2018 haben wir den wunderbar sinnlichen argentinischen Film „Die feurigen Schwestern“ (Las Hijas del Fuego) von Albertina Carri herausgebracht. (Die Fragen stellte Ellen Wietstock www.blackbox-filminfo.de)
Zur Ergänzung: Die Berlin Collection A.L.EX GmbH wurde im September 2019 mit der MMM Film Zimmermann e.K. verschmolzen.
Für alle Informationen und Buchungen wendet euch bitte direkt an office at mmmfilm.de